Inklusion und Barrierefreiheit im Wohnungsbau

Der Podiumsdiskussion wird ein Workshop folgen Ein Sachstand, der vielen Menschen auf den Nägeln brennt, die Diskussion bzw. Wahrnehmung in der Gesellschaft sich jedoch schleppend bis gar nicht bewegt. An diesem Punkt der dringend gebotenen Daseins-Für- und vorsorge hat die SPD-Fraktion im Samtgemeinderat Land Hadeln nun den Hebel angesetzt und mit Marco Brunotte (MdL, Sprecher für Wohnungs- und Städtebau der SPD-Landtagsfraktion) einen ausgewiesenen Experten nach Cadenberge geholt.

Podiumsteilnehmer, v. l.: Sönke Westphal (Hadler Bau), Claus Johannßen (Sprecher SPD-KT-Fraktion), Marco Brunotte (SPD – MdL), Malte Hinck (Sprecher SPD-SGR-Fraktion), Uwe Santjer (SPD – MdL), Wolfgang Heß (Bürgermerister Cadenberge) Bild: Ulla Holthausen
V.l.: Marco Brunotte, Sprecher der SPD-Landtagsfraktion für Wohnungs- und Städtebau, Malte Hinck, SPD-Fraktionsvorsitzender im Samtgemeinderat Land Hadeln, Uwe Santjer, SPD-Landtagsabgeordneter Cuxhaven/Hadeln

Vor beachtlichem Auditorium referierte dieser zum Titel der Veranstaltung: „Inklusion und Barrierefreiheit im Wohnungsbau – bezahlbares, altersgerechtes Wohnen.“ Mit dem Gast aus Hannover auf dem Podium: dessen Fraktionskollege Uwe Santjer Cadenberges Bürgermeister Wolfgang Heß, der Vorsitzende der SPD-Kreistagsfraktion Claus Johannßen, Geschäftsführer der Otterndorfer Hadler Bau GmbH sowie Gastgeber und Moderator Malte Hinck.

Dieser wartete mit Fakten auf: Laut einer Studie der KfW (Kreditanstalt für Wiederaufbau), so Hinck, seien bundesweit bis 2030 3,6 Millionen altersgerechte Wohnungen mit einem geschätzten Investitionsvolumen von 50 Mrd. Euro erforderlich. „Wir liegen vor einer großen Aufgabe, auch hier in der Samtgemeinde Land Hadeln.“ Marco Brunotte sprach von einer thematischen Punktlandung in Cadenberge – an einem Tag, da das Bundeskabinett sich der Wohnraumdiskussion gewidmet habe und tags zuvor dem Niedersächsischen Landtag der Wohnungsmarktbericht vorgelegt worden sei. Grundsätzlich, so dessen Feststellung, werde viel gebaut für Menschen, die sich hohe Mieten leisten könnten. Hingegen sei der soziale Wohnungsbau unter CDU/FDP-Mehrheit bis 2013 gegen Null gegangen, entsprechende Objekte für 1 Mrd. Euro verkauft und in die Nord/LB gesteckt worden, anstatt diese in die Wohnungsbauförderung fließen zu lassen.

800 Mio. Euro im Topf

Einen weiteren, zeitnahen Einschnitt bei Sozialwohnungen sah Brunotte in auslaufenden Belegrechten. Da jahrelang nichts passiert sei, verlöre Niedersachsen bei 90.000 dieser Wohnungen 60.000, deren Bindung dann aufgehoben werde. Hinzu komme ein Sanierungsstau bei altem Wohnbestand, der energetisch angepasst und barrierefrei gestaltet werden müsse. Das Grundrecht auf Wohnraum, so der Gast aus Hannover, lasse sich nur mit massiver Förderung des sozialen Wohnungsbaus umsetzen. So habe das Land Niedersachsen 800 Mio. Euro für die Jahre 2017/18 im Topf, was für knapp 10.000 Wohnungen reiche.

Sich der Schwerpunkte Inklusion und Barrierefreiheit annehmend, sah Brunotte gravierende gesellschaftliche Veränderungen. Bevor Menschen mit Behinderung und im Alter, zudem oft alleinlebend, in Versorgungseinrichtungen gingen, stehe der Wunsch nach Selbstständigkeit in den eigenen vier Wänden im Vordergrund. Dem sei Rechnung zu tragen, denn der Bestand „passt nicht zum Bedarf.“ Daher habe die N-Bank Programme für barrierefreies und altersgerechtes Wohnen aufgelegt, verknüpft mit dem Sonderprogramm „Wohnen und Pflege im Alter“. Brunottes Appell auch an die Entscheidungsträger in den Kommunen: „Wir müssen deutlich vernetzter denken.“ Auf die Publikumsfrage nach Fördervoraussetzungen führte Brunotte aus: Es müsse jeweils ein Wohnraum-Entwicklungskonzept vorliegen, damit auch Privatpersonen in den Genuss der Förderung kämen.

„Das ist ein politisches Thema für uns"

In den Mittelpunkt der Diskussion rückte auch die Altersarmut. Etwa ein Drittel der Menschen mit Altersbezügen verfügten monatlich über weniger als 900 €. Oft müsste mehr als 40 % für die Miete aufgebracht werden, Tendenz steigend.  „Das ist ein politisches Thema für uns, denn wer, wenn nicht die SPD, kann sich hier einbringen“, der Standpunkt Brunottes. Zurzeit, so dessen Mitteilung, werde das Landtags-Wahlprogramm der SPD geschrieben. Die Hadelner rief er auf, zu den behandelten Themen Beiträge zu artikulieren.

Uwe Santjer, der noch einmal hervorhob, dass die Landesregierung nach 2013 700 Mio. Euro in den strukturschwachen Landkreis Cuxhaven gebracht habe, rief zur Mobilisierung aller Kräfte auf, um durch wirtschaftliche Weichenstellungen (Ansiedlung Siemens) einem Bevölkerungsschwund vorzubeugen. Um hier alt zu werden, sei vonnöten, bezahlbaren Wohnraum vorzuhalten. Und so müsse die Botschaft für Hannover lauten, nicht nur in den Städten, sondern auch im ländlichen Raum für entsprechenden Wohnraum zu sorgen. „Denn es ist gut, über das ganze Land zu schauen.“

Ein dauerhaft auf den Rollstuhl angewiesener Gast der Veranstaltung appellierte eindringlich an alle Entscheidungsträger, nicht nur ältere Menschen mit ihren körperlichen Defiziten zu sehen. Vielmehr gebe es in allen Altersgruppen Behinderte, die auf passende Rahmenbedingen angewiesen seien. Den Bau alternativer Wohnformen (Baumaterial aus nachwachsenden Rohstoffen, optimale Wärmedämmung, günstiges Bauen etc.) wurde von einem Studenten ins Feld geführt, der die Podiumsteilnehmer beeindruckte. SPD-Fraktionsvorsitzender Malte Hinck schloss die Veranstaltung mit der Aussage einer unbedingten Fortsetzung, um Ideen und Erfahrungswerte zur Inklusion und Barrierefreiheit sowie bezahlbarem Wohnen zu bündeln und weiter zu entwickeln. Vor diesem Hintergrund kündigte er einen Workshop in wenigen Monaten an.